Words

Kunst, sagte Gunter Damisch einmal, habe etwas mit der Lust am Leben zu tun, mit dem "ins Leben hineinwachsen". Dieses Hineinwachsen ins Leben und die Lust an der Kunst drückte er vielfältig und multimedial aus: Malerei, Keramik, Aluminiumskulpturen, Bronzeplastiken, Zeichnung, Fotografie, Collage und Siebdruck. Seinen Arbeitsprozess beschrieb er mit "mehrheitlich uneigentlich. Versäumnis und Verdoppelung. Tarnung und Ausdruck." Und er präzisierte: "Es geht mir nicht darum, in einem Genre Spezialist zu werden, sondern mit unterschiedlichen Methoden Fragen zu stellen." Wann immer seine Malerei als "literarisch" bezeichnet wurde, korrigierte er sanft: Nein, er wolle keine Geschichten erzählen. In der Tat bildete er nicht die Welt ab. Aber er war ein Weltenbildner, der mit seinen seriellen Farbknäueln und -anhäufungen, mit Wischungen und Auskratzungen, mit seinen schlierigen, stacheligen Geißeltierchen und Strichmännchen den Raum der zweidimensionalen Leinwand öffnete in die Unendlichkeit: In jenes unbekannte Universum, das zu erforschen der Kunst obliegt und das er Hyazinthsilber Weltflimmerzentrum nannte, oder Leuchtrotsilberwegnetz und Silber Weltlochfeld Liebeskummercollage. Und das er mit Seelenwesen namens Nächtliche Blasensteher, Flämmler des Flimmerns, Beobacher der Weltenfülle und Stehern dicht besiedelte. Er ließ sie gleichsam über seine Kunst-Felder schweben, ja, tanzen. Gleichberechtigt, ohne Zentrum, keine Mitte, bildfüllend...(Andrea Schurian: Gunter Damisch 1958-2016, Der Standard, 2016)

 
 

Rainer Metzger

Das Alles malen

Zu den Bildwelten von Gunter Damisch

Ganz am Anfang seiner Karriere, um das Jahr 1980 herum, habe er sich, so erzählt Gunter Damisch, mit einem Freund und Kollegen über die Zukunft unterhalten. Man erging sich in Projekten und Konzepten, und dann rückte der Freund mit seinem Plan heraus: Er wolle das Nichts malen. Angesichts solch schwerer Geschütze blieb Damisch nichts anderes übrig, als zu kontern: Dann wolle er selbst das Alles malen.


Peter Baum

Katalogbeitrag
Galerie Ariadne, 1984

Die Wechselbeziehungen zwischen Malerei und Zeichnung, zwischen den Möglichkeiten primär graphisch bestimmter Vorgangsweisen und den kraftvoll pastosen, expressiven Gesten großformatiger Bilder sind ein entscheidendes Merkmal im Werk führender Künstler der aktuellen Szene. Was gegenwärtig in verstärktem Maße interessiert (und auch für den Betrachter und Sammler einen beträchtlichen Reiz ausmacht), ist die Ambivalenz von Malerei und Graphik, sind die Spannungen und Gegensätze zwischen den einzelnen Medien und Techniken, die in ihrer wichtigen Anregerfunktion aufgenommen und vom Künstler meist sehr spontan reflektiert werden. Malerei und Graphik bilden auf diese Weise ein weites Feld von Anregungen und Impulsen. 


Robert Fleck

Wien, Oktober 1985

Gunter Damisch

Farben wie im Indianerspiel. Flache Räume, tagträumend erschaute Natur. Sonnenlicht. Alles wird hell  und warm, eine Welt der Geborgenheit, ein geheimnisvolles, die Phantasie erregendes Etui. Figuren treten auf. Gespenster lange Tücher über dem Kopf, passiv, ohne Willen, im Farbstrom. Puppen, aufgehängt, versteinert, starr, in der Luft

schwebend. Totems, Anzeichen, den Farbraum als Geheimnisraum zu lesen, zu erkunden und zu deuten. Menschen, die sich kindlich bewegen, in der Farbfläche liegen, eigensinnig, unbeholfen und ungeschickt agieren, am Unvermögen leiden, glücklich, wenn auch voller Sehsucht, im phantasiegetragenen Spiel.


Kunst als Massage der Nervenzellen

Gunter Damisch im Gespräch mit Sabine B. Vogel

SBV: In diesem Buch fasst Du (wieviele?) Bilder zusammen – was kennzeichnet diese Werkgruppe?

GD: Hier sind es vor allem graphische Konstruktionen und weniger der andere formale Schwerpunkt meiner malerischen Praxis, das Denken in Schichten, in einer Mal-Materie, die klumpig sein kann, nicht-homogen, eine fast erdige Oberfläche ... als würde ein evolutionärer Prozess zum Bild führen. Ich habe keine Skizze als Ausgangspunkt, sondern möchte, dass ein Bild seine Geschichte bekommt, die zum Schluss ein spezifisches Bild ergibt. 


Wieland Schmidt

Mikroskopische Gärten - Über die Bilder und Plastiken von Gunter Damisch / Oktober/November 2003

Jede Schöpfung ist ein Kampf mit der Leere, und die Bildschöpfung macht das besonders anschaulich. Der Künstler nimmt die Auseinandersetzung mit der Leere um uns und der Leere in uns auf sich, um nicht untergehen, um nicht von ihr verschlungen zu werden. Dem Nichts gilt es etwas entgegenzusetzen, es Schritt für Schritt zurück zudrängen. Das Weiße Blatt auf dem Tisch – für den Zeichner wie für den Schreiber -, die leere Leinwand auf der Staffelei für den Maler – welch ungeheure Herausforderung, welch ein einschüchterndes Gegenüber! Es scheint jedes Mal ein Wunder davor nicht zu verzagen.